Die Geschichte der Roten Mühle
Die Geschichte der Roten Mühle
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme wurde die Rote Mühle nicht an der Stelle errichtet, an der einst der zum Kloster Retters gehörende Beidenauer Hof stand. Einer Urkunde aus dem Jahr 1146 zufolge schenkte Graf Gerhard von Nürings dem neu gegründeten Prämonstratenser-Kloster Retters sämtliche Ländereien, Mühlen und Gebäude in der Region. Die Schenkung umfasste unter anderem die Wiesen- und Weideflächen zwischen Fischbach und Ruppertshain sowie das Braubachtal zwischen Hornau und Schneidhain.
Der Name „Beidenau“ (damals „Bidinowa“) taucht erstmals 1191 in einem Schutzbrief auf. Darin stellte Erzbischof Konrad von Mainz die Ordensleute des Klosters Retters und ihren Besitz unter seinen besonderen Schutz. Ein Dorf namens Beidenau hat es laut Überlieferung nie gegeben – allerdings ist in einem Schriftstück aus dem Jahr 1661 von einem Hof oder gar einem kleinen Dorf in Beidenau die Rede.
Der ehemalige Klosterhof Beidenau lag auf der Altenheimer Gemarkung, nördlich von Hornau und etwas östlich der heutigen Roten Mühle – in der Nähe der Rosenhek. Bis heute lässt sich der alte Viehtriebweg vom einstigen Schafhof zu den Wiesen im Beidenauer Grund und weiter über den Roten Berg zum Braubachtal erkennen.
Die Entstehung der Roten Mühle
Am 28. Oktober 1618 – dem Jahr des Ausbruchs des Dreißigjährigen Krieges – wurde durch ein Dekret des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz ein Vertrag geschlossen: Die aus Kassel stammenden Frankfurter Kaufleute Kaspar und Hans Geiß erhielten die Genehmigung, im Beidenauer Grund eine Getreidemühle mit zwei Mahlgängen zu errichten. Dieses Dokument gilt als die Geburtsstunde der Roten Mühle, die sich in die Reihe zahlreicher Mühlen entlang des Liederbachtals zwischen Königstein und Höchst einreihte.
Die Brüder Geiß waren damit die Erbauer und ersten Eigentümer der Mühle, die ihren Namen ihrer Lage am Roten Berg verdankt.
Zerstörung und Wiederaufbau
Im Jahr 1622, während der Schlacht bei Höchst, wurde die Mühle Opfer marodierender Truppen. Sie wurde geplündert und in Brand gesetzt – das Gelände blieb daraufhin über Jahrzehnte hinweg verwüstet.
Erst im März 1685 kam neues Leben in das Gelände: Die Witwe des Mainzer Hofrats Johann Raymund Jäger verkaufte den „öden Mühlplatz“ samt vier Morgen Wiesen und Ackerland an den Hornauer Bürger Philipp Sulzbach. Er errichtete an dieser Stelle eine neue Mühle, die der ursprünglichen vor dem Krieg entsprach. Nach seinem frühen Tod im Jahr 1691 übergab seine Witwe die Mühle an ihren Schwiegersohn Georg Raab, der bis 1699 als Eigentümer geführt wurde.
Ihm folgte Hans Peter Schneider aus der Gegend um Eppstein, dessen Familie die Mühle über drei Generationen hinweg bis 1785 bewirtschaftete – ganze 86 Jahre lang.



Ein Zufluchtsort für Räuber?
In den folgenden Jahren war die Mühle nicht nur Arbeitsstätte und Wohnort – sie diente auch zwielichtigen Gestalten als Unterschlupf. So sagte der berüchtigte Räuber Johannes Bückler, besser bekannt als „Schinderhannes“, in einem Prozess im Jahr 1803 aus, er habe sich mehrfach ohne Wissen des Müllers David Willman in der Mühle aufgehalten.
Wandel zur Gaststätte
Nach dem Ersten Weltkrieg wechselte die Rote Mühle mehrfach den Besitzer. Schließlich erwarb der Frankfurter Industrielle Küchler das Anwesen und ließ es umfassend renovieren. Besonders auffällig: In das Fachwerk an der Südwestecke wurden kunstvoll geschnitzte Eckständer eingefügt, die ursprünglich vom ehemaligen evangelischen Pfarrhaus in Neuenhain stammten. Der Mühlenbetrieb selbst wurde nicht wieder aufgenommen – stattdessen entstand die Gaststätte in jener Größe, wie wir sie heute kennen.
Nach Küchlers Tod ging die Rote Mühle 1926 in den Besitz der Unternehmerfamilie Jösch aus Hornau über. Diese verpachtete sie über viele Jahre an die Familie Gottschalk aus Altenhain.
Kriegsjahre und Neuanfang
Seit den 1920er Jahren war die Rote Mühle eine beliebte Ausflugsgaststätte – bis der Zweite Weltkrieg auch hier seine Spuren hinterließ. Teile der Gebäude, insbesondere die Scheune, wurden durch Bombenangriffe und Tiefflieger beschädigt. Man vermutet, dass die Wehrmacht in der Mühle ein Depot und einen Stützpunkt eingerichtet hatte.
Nach Kriegsende fanden zunächst Ausgebombte, Vertriebene und Flüchtlinge in der Mühle Unterkunft. Erst 1948 konnten Johann und Barbara Jösch den Gaststättenbetrieb wieder aufnehmen.
Beliebter Treffpunkt bis heute
Seit jeher schätzen die Gäste die gemütliche, herzliche Atmosphäre der Roten Mühle. Was einst als Mühlenbetrieb begann, ist heute ein traditionsreicher Treffpunkt für Jung und Alt – mit einer Geschichte, die ihresgleichen sucht.
